Ob Sie als Gläubiger von der Abwicklungsmaßnahme des Bail-in betroffen sind, hängt von der Reichweite der angeordneten Maßnahme und davon ab, in welche Klasse Ihr Finanzinstrument oder Ihre Forderung einzuordnen ist. Im Rahmen eines Bail-in werden Finanzinstrumente und Forderungen in verschiedene Klassen eingeteilt und nach einer gesetzlichen Rangfolge zur Haftung herangezogen (sog. Haftungskaskade).
Für die Betroffenheit der Anteilsinhaber und Gläubiger der jeweiligen Klassen gelten folgende Prinzipien: Erst wenn eine Klasse von Verbindlichkeiten komplett herangezogen wurde und dies nicht genügt, um Verluste ausreichend zur Stabilisierung der Bank zu kompensieren, kann die in der Haftungskaskade folgende Klasse von Verbindlichkeiten herabgeschrieben oder umgewandelt werden.
Bestimmte Arten von Finanzinstrumenten und Forderungen sind vom Bail-in-Instrument gesetzlich ausgenommen. Dies sind beispielsweise durch das gesetzliche Einlagensicherungssystem gedeckte Einlagen bis EUR 100.000 und durch Vermögenswerte besicherte Verbindlichkeiten (z.B. Pfandbriefe).
In der Haftungskaskade einer in Deutschland ansässigen Bank sind folgende Klassen zu unterscheiden:
(1) Zunächst betreffen die Abwicklungsmaßnahmen das harte Kernkapital und somit die Aktieninhaber der Bank.
(2) Danach werden die Gläubiger des zusätzlichen Kernkapitals in Anspruch genommen (Inhaber von unbesicherten unbefristeten nachrangigen Schuldverschreibungen und stillen Einlagen mit Umwandlungs- beziehungsweise Herabschreibungsklausel, die nachrangig gegenüber Instrumenten des Ergänzungskapitals sind).
(3) Hierauf folgt die Heranziehung des Ergänzungskapitals. Dies betrifft Gläubiger nachrangiger Verbindlichkeiten (z.B. Inhaber nachrangiger Darlehen).
(4) In der Haftungskaskade schließen sich die unbesicherten nachrangigen Finanzinstrumente und Forderungen an, die nicht die Anforderungen an das zusätzliche Kernkapital oder das Ergänzungskapital erfüllen.
(5) Sodann folgen in der Haftungskaskade bestimmte unbesicherte nicht-nachrangige und nicht strukturierte Schuldtitel 1) .
In diese Klasse fallen nur Schuldtitel, die entweder (a) vor dem 21. Juli 2018 begeben wurden und keine Geldmarktinstrumente oder strukturierten Produkte darstellen oder (b) seit dem 21. Juli 2018 begeben wurden, eine vertragliche Laufzeit von mindestens einem Jahr haben, keine strukturierten Produkte darstellen und in deren vertraglichen Bedingungen und im Fall einer Pflicht zur Veröffentlichung eines Prospekts auch im Prospekt ausdrücklich auf den gegenüber den Verbindlichkeiten der nachstehenden Klasse (6) niedrigeren Rang hingewiesen wurde.
Diese Klasse wird auch als nicht bevorrechtigt nicht-nachrangig (oder senior non-preferred) bezeichnet.
1) Schuldtitel sind Inhaberschuldverschreibungen, Orderschuldverschreibungen und diesen vergleichbare Rechte, die ihrer Art nach am Kapitalmarkt handelbar sind sowie Namensschuldverschreibungen und Schuldscheindarlehen, soweit diese nicht als bevorzugte Einlagen in Klasse (6) fallen oder als gedeckte Einlagen von der Herabschreibung und Umwandlung ausgenommen sind.
(6) Die nächste Stufe der Haftungskaskade umfasst die folgenden unbesicherten nicht-nachrangigen Verbindlichkeiten:
- Schuldtitel, die nicht in Klasse (5) fallen, zum Beispiel Schuldtitel die seit dem 21. Juli 2018 emittiert wurden und nicht den für die Einstufung in Klasse (5) erforderlichen Hinweis auf den niedrigeren Rang haben.
- Strukturierte, unbesicherte Finanzinstrumente und Forderungen (wie z. B. Zertifikate auf Aktienindizes oder Forderungen aus Derivaten). In diesen Fällen hängt die Höhe der Rückzahlung oder Zinszahlung von einem unsicheren zukünftigen Ereignis ab oder die Erfüllung erfolgt auf andere Weise als durch Geldzahlung.
Ferner gehören hierzu auch Einlagen über EUR 100.000 von Unternehmen, die nicht in Klasse (7) fallen.
Diese Klasse wird im Gegensatz zur Klasse (5) auch als bevorrechtigt nicht-nachrangig (oder senior preferred) bezeichnet.
(7) Schließlich können auch Einlagen von Privatpersonen, Kleinstunternehmen, kleinen und mittleren Unternehmen in Anspruch genommen werden, soweit sie die gesetzliche Einlagensicherung von grundsätzlich EUR 100.000 übersteigen (Sonstige bevorzugte Einlagen).
Damit gilt die auf der letzten Seite vereinfacht dargestellte Haftungsreihenfolge (in Pfeilrichtung beginnend mit dem harten Kernkapital), wobei eine untere Klasse erst zur Verlusttragung herangezogen wird, wenn die Heranziehung der ihr vorstehenden Klassen zur Verlusttragung nicht ausreicht (siehe Abbildung letzte Seite).
Von diesem Grundsatz kann die Abwicklungsbehörde im Einzelfall abweichen.